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Pfarrersfamilie Uffelmann musiziert
jeden Abend für Nieder-Ense
Balkonsingen seit mehr als einem Monat
Seit mehr als vier Wochen erklingt im Korbacher Stadtteil Nieder-Ense jeden Abend das Lied "Der Mond ist aufgegangen" vom Balkon der Familie Uffelmann. Der örtliche Pfarrer, seine Frau und die beiden Kinder haben in Corona-Zeiten ein Ritual geschaffen, das Trost spendet, Gefallen findet und für viel Resonanz gesorgt hat.
Unermüdlich beschallt die Pfarrersfamilie seit dem 18. März allabendlich den Korbacher Stadtteil: Auf dem Balkon des Pfarrhauses in der Quellenstraße sind ein E-Klavier und eine große Lautsprecherbox installiert, pünktlich um 19 Uhr greift Sohn Jonas (8) zum Mikrofon und Tochter Insa in die Tasten, Mutter Kerstin und Vater Burkhard begleiten ihre Kinder mit kräftiger Stimme. Das Abendlied erklingt Dank technischer Unterstützung in weiten Teilen des Ortes, inzwischen finden sich regelmäßig sogar treue Fans auf einem Feldweg gegenüber ein und lauschen dem akustischen Ritual.
"Als die Corona-Pandemie im März so richtig wütete und wir anrührende Bilder aus Italien sahen von Menschen, die auf Balkonen sangen, beschlossen wir, etwas zu schaffen, was Mut macht", berichtet Pfarrer Uffelmann - er war sehr beeindruckt davon, dass Menschen in diesen schweren Zeiten die Kraft aufbringen, sich und anderen noch etwas Gutes zu tun. Ursprünglich habe man das lediglich für die eigene Familie gemacht, als Ritual für die Kinder - "nachdem die Schulen geschlossen wurden, waren wir ja viel zu Hause." Auf Inspiration der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sei die Wahl auf das Lied "Der Mond ist aufgegangen" gefallen - ein Lied, das bei Burkhard Uffelmann übrigens viele Kindheitserinnerungen auslöst. "Meine Mutter hat das früher immer gesungen."
Dieses Lied erklingt nun seit Mitte März an jedem Abend, rasch sprach sich im Ort herum, dass Familie Uffelmann vom Balkon aus musiziert. "Wir haben bisher schon viele Rückmeldungen erhalten, einige Menschen riefen uns an und bedankten sich für die trostvolle Musik", erklärt der Nieder-Enser Pfarrer. Mancher Zuhörer empfinde den Gesang als sehr Trost und Hoffnung spendend. Regelmäßig würden Spaziergänger und Radfahrer in der Feldgemarkung unterhalb der Kirche stehen bleiben, zuhören, winken und applaudieren, am Wochenende seien es mehr Menschen als wochentags. "Und wir selbst winken immer in alle Richtungen, das hat eine ganz neue Verbundenheit geschaffen." Sehr schön sei auch die Resonanz beim Gesang am 27. März gewesen, als Sohn Jonas Geburtstag hatte und die Familie nach dem eigentlichen Lied noch "Happy Birthday" für den jetzt Achtjährigen anstimmte. "Da riefen viele Menschen unserem Sohn Glückwünsche zu", erinnert sich Uffelmann, das sei sehr bewegend und für den Jungen ausgesprochen schön gewesen - eine Geburtstagsfeier mit Freunden musste ja schließlich wegen Corona ausfallen.
Wie lange es den regelmäßigen Abendgesang in Nieder-Ense noch geben wird? "Bis wir wieder Gottesdienste feiern können, werden wir das auf jeden Fall durchziehen", versichert Burkhard Uffelmann. Das Lied, in dem es auch um den Tod gehe, schenke den Menschen Ruhe und Frieden. Danach sehnten sich viele in dieser besonderen Zeit. Und für viele Bewohner des Ortes ist nicht nur der eigentliche Gesang der Familie zu einem vertrauten Begleiter geworden, sondern auch der anschließende Gruß des achtjährigen Jonas. Er gibt seinen Mitbewohnern per Mikrofon Abend für Abend eine besondere Botschaft mit auf den Weg: "Gute Nacht, Nieder-Ense, bleibt gesund und haltet Euch an die Regeln." (Sascha Pfannstiel)